Gastbeitrag: Mit basalen Augen auf der Altenpflegemesse 2025 in Nürnberg

Unser Mitglied Martina Götschel war auf der Altenpflegemesse und hat ihre Eindrücke und Überlegungen danach ganz wunderbar niedergeschrieben. Wir freuen uns, sie hier mit Ihnen und euch zu teilen:
„Vor wenigen Tagen war ich auf der Altenpflegemesse in Nürnberg unterwegs. Wie so oft in meinem beruflichen Alltag hatte ich dabei nur eine Brille auf: die basale. Mit dieser Perspektive – geschärft durch meine Arbeit als Praxisbegleiterin Basale Stimulation – bin ich durch die Messehallen geschlendert und habe geschaut: Was begegnet mir hier? Wo taucht Wahrnehmung auf? Wo Bewegung, Beziehung, Berührung?
Schnell wurde klar: Wo in der Altenpflege aktuell Geld verdient wird, steht anderes im Fokus. Recruiting aus dem Ausland, digitale Dokumentation, Textilien, Notrufsysteme, smarte Betten. Bildung – ja, die gab es auch. Doch auch hier lag der Schwerpunkt weniger auf Haltungsfragen oder Beziehungsarbeit, sondern vor allem auf der Vermittlung von Expertenstandards. Nicht selten wurde über Menschen gesprochen – aber nicht mit ihnen.
Einige Hilfsmittel haben mein Interesse geweckt. Besonders positiv erinnere ich mich an Dreieckskissen zur Positionsunterstützung oder eine koffergroße Maschine, die das Duschen im Pflegebett ermöglicht – mit minimalem Aufwand für das Personal und maximaler Würde für den Menschen im Bett. Auch eine Wundkamera, die den Wundbericht automatisiert und interpretierende Vorschläge macht, fand ich beeindruckend: Sie schafft Freiraum für Zuwendung statt Zettelwirtschaft. Ich bin auch ein Fan von Crdl, auch wenn ich es für unbezahlbar halte.
Und doch: Wahrnehmung, Beziehung, Kommunikation im Sinne der Basalen Stimulation? Fehlanzeige. Stattdessen Systeme, die KlientInnen immer weiter passivieren: Roboter, die Assistenz ersetzen sollen. Betten, die per Knopfdruck in einen Sessel übergehen. Bewegungen werden erleichtert – aber nicht gefördert. Kommunikation findet meist digitalisiert über Dritte statt, nicht unmittelbar und zwischenmenschlich.
Ich frage mich: Sollte die Basale Stimulation auf solchen Messen präsent sein? Ich denke: ja – unbedingt. Denn während viele Stände ein Produkt verkaufen wollen, wollen wir ein Konzept vermitteln. Eines, das auf Beziehung und Eigenaktivität baut. Das die Lebensqualität für alle Beteiligten erhöht: KlientInnen, Mitarbeitende, Teams, Einrichtungsleitungen.
Ich durfte bereits 2022 auf dem Deutschen Pflegetag einen basalen Stand mitorganisieren. Die Erfahrung hat mir gezeigt, wie wertvoll es ist, mit Menschen ins Gespräch zu kommen – über ihre Erfahrungen, ihre Herausforderungen, ihren Wunsch nach Sinn in der Pflege. Was wir brauchen, ist ein professionell gestalteter, klar erkennbarer Auftritt: ein durchdachtes Design, abgestimmte Kleidung, gut platzierte Literatur – und greifbare Symbole.
Denn auf Messen nehmen Menschen gerne etwas mit. 2022 waren es bei uns Schlüsselanhänger. Diese waren hochwertig und echt toll. Doch was machen die Leute damit dann? Eine Bekenntnis zum Konzept wäre mir lieber. Was können wir mitgeben was für die Basale Stimulation steht, die gar nicht so richtig wissen, was es ist? Ich denke aktuell an kleine TicTac-Packungen – Mini, fast wie Medikamentenblister – aufgeklebt mit einem Impuls: „die Medikamenteinnahme gestaltet sich schwierig? Basale Stimulation ist keine Medizin, aber oft die beste Unterstützung.“ Na ja, so richtig gut ist das noch nicht…
Ich bin überzeugt: Wer Basale Stimulation erlebt hat, weiß, wie wirksam sie ist. Aber auf einer Messe muss der Mehrwert sichtbar, greifbar und nachvollziehbar sein – für jede Perspektive: Für die Pflegende am Bett. Für die Leitung, die Ressourcen managen muss. Für Angehörige, die auf Hilfe hoffen. Für KlientInnen, die gehört werden wollen – auch ohne Worte. Hier besteht der Bedarf an kreativen Köpfen die etwas zusammenfassen, gestalten und umsetzen.
Wer ist dabei?“

Martina Götschel läuft durch eine Halle der Altenpflegemesse